Die Rechtsprechung liegt Sharam Iranbomy sehr am Herzen. © Boeckheler

Sharam Iranbomy ist seit einem Jahr Sonderbeauftragter für Antidiskriminierung der Kommunalen Ausländervertretung.

Sharam Iranbomy ist stolz auf die Stadt, in der er lebt: Frankfurt. „Von hier kommen sehr viele Ideen, und die verbreiten sich“, sagt er beim Gespräch im Café Einstein am Römerberg. Und eine dieser guten Ideen ist in seinen Augen, dass die Kommunale Ausländervertretung (KAV), in der er Mitglied ist, vor einem Jahr das Ehrenamt schuf: Sonderbeauftragter für Antidiskriminierung. Iranbomy wurde gewählt.

Einiges hat er in diesem zurückliegenden Jahr in die Wege geleitet. Schon vor dem Treffen hat er eine Auflistung geschickt, wie er seine Aufgaben in dem weiten Feld Antidiskriminierung in Schwerpunkte aufteilt: Öffentlichkeitsarbeit, Prävention, Sensibilisierung, Vernetzung und Beratung. Wobei die Grenzen fließend sind.

So hat er im vergangenen Jahr etwa sechs Veranstaltungen organisiert, die sich an unterschiedliche Zielgruppen mit Migrationshintergrund richteten: beispielsweise Seniorinnen und Senioren, Schulkinder, Eltern oder Frauen im Speziellen. Für Letztere gab es etwa eine Diskussionsrunde zum Thema „Gewalt gegen Frauen“ in der serbischen Gemeinde – womit gleichzeitig ein Stück Vernetzung geschaffen wurde. Ein anderes Mal ging es um den Einfluss von Frauen mit Migrationshintergrund auf Kultur und Literatur.

Jüngst klagte eine Mutter ihm gegenüber, dass ihr 14-jähriger Sohn dreimal die Note Fünf im Zeugnis hatte. „Die Mutter war sehr durcheinander. Sie wusste nicht, dass ihr Sohn das Recht auf einen Schulwechsel hat.“ Darüber hat er sie aufgeklärt und gab ihr außerdem mit, dass sie als Mutter ein Widerspruchsverfahren anstrengen könne: Die ins Auge gefasste neue Schule wollte den Jungen nicht aufnehmen.

Einen Hauptberuf hat der 57-Jährige auch: Er ist Strafverteidiger. Weshalb er auch ein profundes Wissen hat, was rechtliche Belange angeht. „Was bedeutet es, in Deutschland Rechtssubjekt zu sein?“, lautete etwa der Titel einer seiner Vorträge. Die hält er zum Beispiel in Flüchtlingsunterkünften. Ihm gehe es darum, die Menschen dabei zu unterstützen, „mit Wissen und Selbstbewusstsein rechtswidrige Handlungen zu erkennen“.

Mitunter hat der Familienvater auch mit jungen Frauen oder Mädchen zu tun, die in Frankfurt zwangsverheiratet werden sollen. Sie wenden sich an ihn, rat- und hilfesuchend. Die Mädchen hätten „wahnsinnige Angst“ vor der Familie, beschreibt er die Lage. Einmal habe ein Mädchen nach einem solchen Gespräch „Nein“ zu der Ehe gesagt. Das habe ihn sehr gefreut.

Damit nicht genug. Er engagiert sich außerdem darin, die Kultur-Gemeinden unterschiedlicher Nationalitäten miteinander zu vernetzen. Angesprochen darauf, wie er das alles neben seinem Hauptberuf bewerkstelligt, lacht er und sagt: „Ich schlafe vier oder fünf Stunden.“ Dann wird er ernst und fährt fort: „Wenn wir von uns aus nicht opferbereit sind, kann man nichts verändern.“

Veranstaltung

Zum internationalen Frauentag (8. März) lädt das Gurdwara Sikh Center in Frankfurt zu einem Vortrag mit Diskussion ein. Thema: alltagsbezogene Rassismuserfahrungen und Lösungen dafür.

Referent:innen sind Harpreet Kaur, Mandatsträgerin des Ausländerbeirats Kelkheim und Autorin des Buches „Meine Sicht“, sowie Sharam Iranbomy, Sonderbeauftragter für Antidiskriminierung bei der Kommunalen Ausländervertretung Frankfurt (KAV).

Narinder Ghotra, ebenfalls Mitglied der KAV, moderiert die Veranstaltung.

Der Vortrag ist am Donnerstag, 7. März, ab 18 Uhr im Gurdwara Sikh Center, Silostraße 64. pz

Von der Stadt Frankfurt bekomme er keine finanzielle Unterstützung für seine Arbeit als Sonderbeauftragter, sagt Iranbomy. Raummieten für Podiumsdiskussionen, Honorare für Musiker:innen, der Druck von Flyern – das alles bezahle er selbst. Dennoch sei er nicht alleine, betont er. „Dank aller KAV-Kollegen haben wir das alles erreicht.“

Deshalb fällt seine persönliche Bilanz für sein erstes Jahr als Sonderbeauftragter gemischt aus. „Mit null Mitteln so vieles erreicht zu haben, ist toll. Trotzdem ist es noch nicht ausreichend.“

Was sich Iranbomy wünscht, ist zum einen ein „Kommunikationszentrum“. „Flüchtlinge haben oft schon aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse schlechte Karten“, sagt er. Da sollte ihnen die Stadt die diversen Behördengänge erleichtern und zwar damit, dass „Übersetzer aller relevanten Sprachen parat stünden“. Diese könnten dann bei Bedarf von den Ämtern mit einem Anruf erreicht werden. Die Übersetzerinnen und Übersetzer könnten zum Beispiel im Homeoffice arbeiten, das spare Bürokosten.

Um Sprachkenntnisse geht es auch bei seinem zweiten Vorschlag: ein mobiler Deutschunterricht in den Flüchtlingsunterkünften. Obligatorische Kurse gebe es ja, aber „wir müssen den Deutschunterricht zu ihnen bringen“, findet er.

Außer der Sprachbarriere gibt es eine gravierende Eigenschaft deutscher Verwaltungsapparate, über die so mancher stolpert, der hier – noch – nicht heimisch ist. „Viele Menschen kommen aus Ländern, in denen die Verwaltungen nicht so formalisiert sind wie in Deutschland“, betont Iranbomy.

Seit über 40 Jahren lebt der gebürtige Iraner schon in Frankfurt. Studiert hat er in Oxford, Genf, Salzburg und eben in der Stadt am Main. Kein Wunder, dass er sich als „Weltbürger“ versteht. An dem Denkmal der Justitia auf dem Römerberg wollte er sich für den Fototermin aus einem ganz bestimmten Grund treffen. „Wenn im Namen des Rechts Unrecht gesprochen wird, ist das das schlimmste Unrecht.“ Er kämpft dafür, dass das nicht geschieht.

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